EINE WOCHE VOLLER LICHT
LICHTWOCHE München 2016
Projektbesichtigungen und Führungen, Workshops und Vorträge, Licht-Performances und Vernissagen. Vom Kino zum Kaufhaus, vom Theater zum Flughafen. Ob für Fachexperten oder Endverbraucher, Einheimische oder »Zuagroaste«, ob für Kinder oder Studenten. Die LICHTWOCHE München bot ein abwechslungsreiches Programm für jeden Geschmack. Im Vergleich zur Premiere im letzten Jahr konnte die Veranstaltung hinsichtlich Programmvielfalt und Besucherzahl deutlich punkten: Über 700 Gäste ließen sich vom 28.10. bis 04.11. von den 27 Programmpunkten, davon 22 bei freiem Eintritt, begeistern.
EINHEIZEN IM FREIHEIZ
Eines sollte direkt am Auftaktabend allen Besuchern klar geworden sein: Bei der LICHTWOCHE München geht es nicht nur um Wissenstransfer und Informationsaustausch, sondern in erster Linie auch um Spaß am Umgang mit Licht. Die Location für die Eröffnungsfeier konnte besser gewählt nicht sein: Das Freiheiz befindet sich in der ehemaligen Turbinenhalle eines Heizkraftwerks mit Industriecharme. Die Eröffnungsfeier stand im Zeichen der Preisverleihung des Studentenwettbewerbs »Lichtgestalten_Licht gestalten«. Die Interaktionen zwischen den Lightpaintern Uli Tausend (1000 lights), Bernhard Rauscher (der Lumenman) und Elaine Serafini und dem Publikum faszinierten die Zuschauer mit jeder Menge Aha-Effekte.
Vor den Türen des Freiheiz sorgte der Feuerkünstler Tyrian Feuerdreher für warme und lichte Momente in der frischen Oktobernacht. Drinnen heizte die Alpenrock-Partyband Volxrock ein und ließ die Besucher bis spät in die Nacht ausgelassen feiern. Mit diesem Abend war der passende Startschuss für die kommende Woche gegeben.
IM BMW DURCH DIE SMART CITY HINEIN IN DIE NIGHT ON EARTH
Mit den ersten Programmpunkten startete der Samstag Mittag im neuen Stadtteillabor am Westkreuz. Hier, wie bei nahezu allen Veranstaltungen, waren nicht nur Planer, Fachexperten oder kommunale Vertreter anwesend, sondern auch Bürgerinnen und Bürger nahmen interessiert teil. Anhand von Vorträgen und Präsentationen wurde das EU-Förderprogramm »horizon 2020« vorgestellt, an dem sich die Städte München, Wien und Lyon mit dem Projekt »Smarter Together« beteiligen. Für den Stadtteil Neu-Aubing wurde der Prototyp eines intelligenten Lichtmastes demonstriert, der nach einer Testphase auch im neu konzipierten Stadtteil Freiham Nord zum Einsatz kommen könnte.
Am Nachmittag stellte die Lichtplanerin Gabriele Allendorf das Lichtkonzept und die Beleuchtung im Café »Mo66« bei BMW Classic vor, welches mit Leuchten von iGuzzini ausgestattet wurde. Es folgte eine exklusive Reise durch 100 Jahre BMW-Autogeschichte mit spannenden Geschichten zu den sehenswerten Oldtimern und deren Besitzern. Am Abend drängelten sich bei werklicht in Haidhausen rund 100 Gäste zur Vernissage »Night on Earth« von Lichtkünstler Peter Euser. Seine spektakulären Licht-Bilder wurden von einer Lesung mit Schauspielern und einer eigens komponierten Musik begleitet.
LICHT-DRAMATURGIE IM KINO UND MUTIGE GUERILLEROS
Am frühen Sonntagmorgen traf man sich im neu restaurierten Kino »Neues Rex« in Laim, um den interessanten und emotional bewegenden Ausführungen der Licht- und Kinoplanerin Anne Batisweiler zu folgen. Überrascht von den teils sehr persönlichen Einblicken in ihre Arbeit und das zu bestaunende Ergebnis, folgte im fast ausverkauften Kino eine exklusive Filmvorführung des deutschen Dramas »Lichtgestalten«, welches allerdings außer dem Titel nicht viel mit Licht gemein hatte. Den restlichen Sonntag nutzten die meisten Teilnehmer, um sich von der mächtigsten aller Lichtquellen im Freien verwöhnen zu lassen.
Am darauffolgenden Tag konnten sich die Interessierten von einer Darbietung im Mathäser Filmpalast verzaubern lassen. Denn während der verschiedenen Phasen des Kinobesuches lassen sich mit der neuen LED-Beleuchtungsanlage unterschiedliche Licht-Szenarien darstellen. Durch eine aufwändige Programmierung zeigten die Lichtdesigner Manfred Beck und Matthias Singer die Möglichkeiten eines annähernd 360°-Effektes anhand von unterschiedlichen Trailern. Erstmals zur LICHTWOCHE wurden auch die ganz Kleinen mit eingebunden, denn bereits am Samstag durften diese im Rahmen eines Kinderworkshops »Licht erleben« und damit experimentieren. Pädagogin Maria Schmidbauer nahm die rund zehn Kleinkinder mit auf eine Reise in die Welt des Lichtes und der physikalischen Phänomene. Am Montag hatten Jugendliche im Kinderkunsthaus Schwabing dann die Gelegenheit unter Hilfestellung eines Designers eine eigene Leuchte zu entwerfen. Entsprechend spielerisch war aber auch der Umgang mit Licht im Rahmen der Guerilla Lighting Tour am frühen Montag Abend. Die Aktion stand unter dem Motto »Lichtportale« in München und sollte auf die Eingangstore der Stadt aufmerksam machen. Das Vorhaben, die Hackerbrücke temporär zu beleuchten, wurde von den Teilnehmern so erfolgreich umgesetzt, dass diese Aktion sogar anschließend im Fernsehen übertragen wurde.
Zum Ausklang des Tages fand man sich dann abends im Light Solution Center wieder. Inhaber Dominik Ortmann war wieder einmal ein herzlicher Gastgeber und mit Uli Sattler fand sich ein interessanter Referent, der auf gewohnt charmante und lockere Art seine Manufaktur, die Leuchten und Projekte vorstellte. Am darauf folgenden Feiertag konnten die teils weit angereisten Besucher der LICHTWOCHE die Stadt genießen und sich in den frühen Nachmittagsstunden von der Ausstellungseröffnung »Citylights« inspirieren lassen.
EINMAL QUER DURCH MÜNCHEN GEBEAMT
Am Mittwoch startete die LICHTWOCHE mit der Präsentation des Projektes Luise-Kiesselbach-Tunnel. Hierbei gingen die Referenten – bei einem exklusiven Einblick über die Pannenbucht – detailliert auf die Tunnelbeleuchtung und -betriebstechnik ein. Parallel vergnügte man sich bei Eataly eher auf »kulinarische« Weise.
Die Feinkostkette in der Schrannenhalle am Viktualienmarkt gilt als eine der erfolgreichsten Neugründungen der Branche und verfolgt das Konzept, der italienischen Esskultur mit natürlichen und selbst hergestellten Delikatessen eine Plattform zu bieten. Die Führung durch Eataly übernahmen eine Vertreterin der Feinkostkette und Christof Lörwald von Artemide, die mit ihren Leuchten die kulinarischen Köstlichkeiten ins richtige Licht setzen (siehe LICHT 1-2_2016). Zum Abschluss lud Artemide die Gäste zu einem Apéro an der Bar ein.
Auch im Münchner Traditionskaufhaus Oberpollinger sind italienische Einflüsse in Form der Leuchten von iGuzzini zu spüren. Lichtplanerin Isabel Sternkopf von der Licht Kunst Licht AG und Stefan Flötner von der KaDeWe Group gaben interessante Einblicke in die Innenarchitektur- und Verkaufskonzepte für die neuen Bereiche, die zugehörigen Lichtplanungen und die jeweils spezifische technische Umsetzung der Beleuchtungslösungen. Der Abend stand im Zeichen des »Wohlfühlens«. Im ersten Deutschland-Showroom von Nurus, einem Hersteller hochwertiger Office-Einrichtungen aus der Türkei, fühlten sich die rund 100 Gäste bei gutem Wein, leckeren Häppchen und entspannten Gesprächen rundum wohl. Begleitet wurde der Themenabend durch informative Vorträge über Licht, Gesundheit und Arbeitswelten. Während der Veranstaltung hatten die Besucher Gelegenheit, den vor der Tür stehenden Light Path hautnah zu erleben. Dieser auf einem LKW befindliche Raum ist eine mobile und begehbare Lichtinstallation, die in Zusammenarbeit mit dem österreichischen Lichtkünstler Friedrich Biedermann entstand und eine realistische Nachbildung der unterschiedlichen Tageslichtsequenzen bietet. Alternativ hatten die Teilnehmer der LICHTWOCHE im Rahmen einer exklusiven Lichterfahrt die Möglichkeit, den Flughafen München auf einer fantastischen Busreise zu erkunden. Günther Sellmeier gab Einblicke in sonst nicht zugängliche Bereiche, wie die Beleuchtung des Flugfelds, der Start- und Landebahn, der Vorfelder und Außenanlagen.
LEUCHTENDES HIRN IM UNTERGRUND MIT THEATRALISCHEN LICHTBLICKEN
Sollte München tatsächlich über ein gewaltiges Hirn verfügen, so sitzt es wohl mitten im Technischen Betriebszentrum. Denn dieses vereint alle Einrichtungen, die für die Beobachtung und Sicherung des Verkehrs auf Münchner Straßen verantwortlich sind. Nach einer Führung und Vorträgen setzten die Teilnehmer mit Guerilla Lighting zusammen das Gebäude in ein neues Licht. Zur gleichen Zeit an einem anderen Ort gab es die Begehung durch das neu gestaltete Zwischengeschoss am Bahnhof Marienplatz.
Die Referenten aus den Büros Ingo Maurer, Allmann Sattler Wappner, Osram, Palais Mai, Widmann Licht und der Stadtwerke München präsentierten das Architektur-, Gestaltungs- und Lichtkonzept.
Zeitgleich fand auch die Führung durch das Deutsche Theater statt. Eine Szene aus »Tanz der Vampire« ganz ohne Theaterlicht wurde den Teilnehmern der Führung durch das Deutsche Theater München geboten. Spätestens danach war allen Beteiligten klar: Ohne Licht geht gar nichts. Im Rahmen einer perfekt vorbereiteten und lebendigen Tour wurde anschließend erklärt, wie die Bühnen-Lichttechnik auf den Punkt dirigiert wird, aber auch welche tollen Details die Beleuchtung des Hauses zu bieten hat. Lichtplaner Gerd Pfarré war bei der ersten LICHTWOCHE München Jurypräsident des Studentenwettbewerbs und feierte zeitgleich die Eröffnung seines neuen Büros in Schwabing. In diesem Jahr präsentierte er dort Bildmaterial, welches er und seine Mitarbeiter im Laufe der Jahre in unterschiedlichen Situationen und Gegenden teils zufällig erstellt haben. Alle Fotografien hatten eines gemeinsam: Keinen Anspruch auf Perfektion – aber viel emotionale Momente zum Thema Licht.
Im Showroom von Occhio konnten die rund 200 Gäste bei gewohnt angenehm lockerer Partystimmung das multifunktionale Occhio-System in seiner Vielfalt kennenlernen und sich von den vielseitigen Gestaltungsmöglichkeiten inspirieren lassen.
SINNLICHE ERLEBNISSE IM KAUFHAUS UND IN DER ALTSTADT
Der letzte Tag: Das Traditionskaufhaus Ludwig Beck startete mit einer Führung durch die dortigen Licht- und Verkaufswelten. Unterstützt wurde die anschauliche Präsentation durch Referenten des Herstellers Ansorg, die das gesamte Kaufhaus teilweise mit LED-Leuchten ausgestattet haben.
Zum kulinarischen Abschluss fand man sich bei Kuchen und Prosecco im Café Käfer ein. Nur wenige Schritte weiter war der Treffpunkt für den Licht- und Stadtspaziergang durch die Altstadt, bei der es wechselweise spannende Informationen zur Historie aber auch zu der Straßenbeleuchtung vor Ort gab.
Die beiden Referenten, der Stadtführer Gerhard Schubert und Ralf Noziczka vom Baureferat, hielten trotz unaufhaltsam ansteigender Kälte die knapp 30 Teilnehmer in ihrem Bann und wussten Details zu berichten, von denen selbst die Münchner überrascht waren. Diese Kombination aus Stadtführung und Lichtspaziergang war wahrlich neu und sucht nach einer Fortsetzung!
Einen angenehmen Ausklang fand der Tag mit einem Get together im designfunktion new office. Allerlei Köstlichkeiten und interessante Vorträge zu den Themen »Licht und Akustik« und »Light and Happiness« wurden genüsslich aufgenommen.
Und dann war sie plötzlich vorbei… Die LICHTWOCHE München glich einem faszinierenden Marathon durch die unterschiedlichsten Licht-Facetten der Stadt.
Weitere Informationen, Bilder und Impressionen der LICHTWOCHE München finden Sie auf www.lichtwoche-muenchen.de und www.lichtnet.de
sowie auf Radio Arabella, Bayernkurier und TZ.
Beitrag in LICHT – 11-12/2016
Text: Alexander Schwarz, freier Journalist
Fotos: LICHTWOCHE MÜNCHEN, Guerilla Lighting
Verlag: Richard Pflaum Verlag GmbH & Co. KG
www.lichtnet.de